*innen

Nenne mir einen berühmten Wissenschaftler.

Nenne mir einen Sänger im Genre Rockmusik.

Nenne mir einen bekannten Schauspieler.

Hand hoch, wer hat sich gerade Marie Curie, Mina Caputo und Kate Winslet vorgestellt und nicht eher Albert Einstein, Mick Jagger und Brad Pitt? Ich schätze mal, die meisten von euch haben männliche Beispiele gewählt. Hätte ich auch. Wurde ja nicht explizit erwähnt, dass auch Frauen oder nichtbinäre Personen mitgemeint waren.

Ich bin ziemlich genervt, während ich das hier schreibe. Weil das alles schon umfassend erklärt und nachgewiesen ist: Sprache beeinflusst unser Denken. Das ist so. Bumsaus!

Als Frau finde ich es frustrierend, wie oft wir sprachlich immer noch übergangen werden und was für Auswirkungen das hat. Wie oft in Krankenhäusern beispielsweise der Pfleger zum Arzt gemacht wird und die Ärztin zur Krankenschwester. Wie Frauen in Handwerksberufen immer noch mit Ressentiments zu kämpfen haben und wie wenige Schülerinnen sich eine Karriere in einem MINT-Beruf vorstellen können.

Es ist kein Allheilmittel, aber es hilft Frauen unter anderem, wenn sie sprachlich sichtbar gemacht werden. Wenn man „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ sagt oder schreibt, „Künstlerinnen und Künstler“ oder „Ärztinnen und Ärzte“. Und wie schön, dass es eine Möglichkeit gibt, das abzukürzen. Sprachlich und schriftlich. Und wie noch viel schöner, dass es darüberhinaus auch eine Möglichkeit gibt, mit dieser kurzen Version Menschen anzusprechen, die nichtbinär oder intersexuell sind. Es braucht nur ein Sternchen, einen Doppelpunkt, oder einen Unterstrich. Fertig ist die Laube.

Just an dem Tag, an dem das Genderverbot an bayrischen (Hoch-)Schulen bekannt gegeben wurde, habe ich an der OTH Regensburg diese schöne Malerei entdeckt. Und den ebenso schönen Aufkleber.

Wie groß die Bereitschaft ist, so zu sprechen und zu schreiben, ist mir erst im Studium aufgefallen. Inmitten der „jungen Leute“. Unter den Student:innen und in den Vorlesungen wird gegendert. Schriftlich (beinahe) ausnahmslos. Mündlich so gut wie möglich. In Hausarbeiten ist es ausdrücklich vorgeschrieben. Erst war es ungewohnt. Mittlerweile ist es eher ungewohnt, wenn in einem anderen offiziellen Umfeld – beipielsweise in den Fernsehnachrichten – nicht gegendert wird.

Mir persönlich gab dieses „Gegendere“ ein Gefühl von Vorfreude. Ich dachte mir: Schau, da ist eine Generation, die das mit der Gleichberechtigung ernst nimmt. Die daran arbeitet, ihre Umwelt zu einem Ort für alle zu machen.

Dieser Generation hat man gerade von oben herab eins aufs Maul gegeben.

Wieder einmal.

Traurig. Enttäuschend.

Nützlich

Was habe ich nicht unmengen an Demogeld kassiert in letzter Zeit (Spaß, die Antifa e.V. ist schon lange pleite, obwohl der linksgrüne Staat die Subventionen verdoppelt hat. Nein, Spaß. Wirklich.). Eine Veranstaltung gegen rechten Müll und für die Demokratie jagt die nächste und das ist ganz und gar notwendig. Leider.

Demonstration am 24.02.2024 in Kelheim

Mich freut es, dass so viele Leute unterwegs sind. Wochendende für Wochenende. Als Brandmauer gegen die Faschisten, die demokratiezersetzende braune Gefahr, die mit blauem Anstrich bei uns in den Parlamenten sitzt. Dagegen aufzustehen gibt Kraft. Und wenn es nur das ist. Bei diesen Kundgebungen üblich: Reden und Interviews, die die Motivation der Demonstrierenden unterstreichen sollen. Meistens mutmachend und verbindend. Aber bei manchen Sätzen – das muss ich jetzt leider sagen – da stellt’s mir echt die Haare auf, ey.

„Wenn die Rechten an die Macht kommen, dann verschwinden in unserem schönen Ort alle Restaurants mit ausländischem Essen.“

„Wenn die Rechten alle Menschen ohne deutschen Pass deportieren wollen, wer pflegt dann unsere Alten und Kranken?“

„Mein ausländischer Arbeitskollege ist immer so fleißig und bemüht. Der hat noch nie irgendwem was getan. Den abzuschieben, wär ne Schande.“

Ich weiß, wie diese Sätze wahrscheinlich gemeint sind. Sie sollen ausdrücken, wie sehr in unserem Leben die unterschiedlichsten Nationalitäten miteinander verwoben sind. Und ja, ein großes Problem in Deutschland ist der Fachkräftemangel. Das ist Fakt.

Aber könnten wir bitte trotzdem damit aufhören, Menschen in nützlich und nutzlos einzuteilen?

Was ist mit kranken Menschen? Was ist mit alten Menschen? Was ist mit Menschen mit Behinderung? Dürfen die „remigriert“ werden, weil sie uns ja nichts nutzen? Weil sie uns keine leckere Pizza backen, nicht die Arbeit machen, die keiner machen will oder nicht zum Bruttoinlandsprodukt beitragen? Ich weiß, ich weiß, ich weiß – so war das nicht gemeint! Aber hey – dann sag’s halt auch nicht in ein Mikro auf ner Bühne oder in ein Mikro, das dir die Medien hinhalten.

Wenn du nicht weißt, was du sagen sollst auf so einer Demo – wie wäre es mit:

ALERTA! ALERTA! ANTIFASCISTA! (Das gibt Extrakohle 😉 )

Hust

Ach du meine Güte, ist das staubig hier!

Ich war ja auch lange nicht mehr da. Keine Zeit und so. Neues Leben als Studentin. Muss lernen. Und dann war ich so lange weg, dass ich zwischenzeitlich überlegt habe, ob es sich überhaupt lohnt, das hier wieder aufzuwärmen. Machen wir’s kurz: Es sind Semesterferien und ich habe das erste Mal seit ichweißnichtwann frei und keine konkreten Pläne. Also gar keine. Also fast keine. Gut, Theater steht an (klickt euch mal durch bis zum 2.März). Ja, Spinnerei auch (16.2. vormerken). Aber sonst nichts…

Also: Ich bin jetzt eine von denen. Von den Sozialen. Second-Hand-Klamotten, alternatives Aussehen, Ökos, Genderfestischist*innen, Helfersyndrom, links-linke Aufkleber überall… Oh, ich passe da so gut hin! Und auch wieder nicht. Denn ich bin alt (jahaa 45 ist noch nicht alt-alt, aber im Vergleich zu 20-Jährigen eben doch. Ich bin die Mutti, daran gibt es nichts zu rütteln)

Ich dachte, das macht mir nichts aus. Ich dachte, ich gehe da doch nicht hin, um Freund*innen zu finden. Ich gehe da hin, um was zu lernen, möglichst schnell nen Abschluss zu bekommen und endlich endlich Theater machen zu können. Ha! Das war ja sowas von falsch gedacht.

Nachdem ich die ersten Wochen alleine in den vorderen Reihen saß, alleine Mittagspause machte und Angst hatte, niemand würde mit mir Gruppenarbeit machen wollen (wer hat sich überhaupt dieses dämliche Konzept „Gruppenarbeit“ einfallen lassen? Ernsthaft, was soll das?), hatte ich die Nase voll. Klar, ich war nicht gekommen, um Freund*innen zu finden. Aber so ganz ohne Anschluss – das war hart.

Am Ende des ersten Semesters muss ich aber sagen: Gut, dass ich bei den Sozialen gelandet bin. Die sind halt einfach – sozial. So sehr, dass sie auch so eine doppelt so alte Kommilitonin mit Schreibblock, Füller und Daunenwesterl (diese Hörsäle sind manchmal unterirdisch kalt) problemlos eingemeinden. Wir mussten uns nur erst aneinander gewöhnen. Inziwschen tauschen wir FCKAFD-Aufkleber wie früher Panini-Bildchen. Und ja – ich wurde neulich sogar zu nem Trinkspiel eingeladen (hab abgelehnt – bin zu alt für den Kram). Trotzdem danke, das bedeutet mir viel.

Was soll ich sagen: Ich freue mich aufs nächste Semester.

Und vielleicht berichte ich dann öfter über mein Ü-40-Studentinnenleben. Oder über die Spielleiterinnenausbildung, die ich abgeschlossen habe, Oder übers Theater. Theater geht immer.

Übrigens: Die Töpferei vermisse ich immer noch nicht. Nicht ein bisschen. Krass. Aber das ist auch wieder ein anderes Thema.

Wenn ich ehrlich bin: Nein.

Würde ich eine Strichliste führen, über die Antworten, die ich im vergangenen Monat am häufigsten gegeben habe, „Wenn ich ehrlich bin: Nein“ wäre wohl weit vorne. Dabei sind die Fragen dazu ebenfalls immer ähnlich.

Und? Ist das Studium so, wie du es dir vorgestellt hast?

Und? Vermisst du deinen Laden?

Und? Möchtest du doch wieder zurück an die Töpferscheibe?

Und? Hast du dich schon sortiert?

Und? Hast du jetzt endlich Zeit für die Schreiberei und das Theater?

Und? Kapierst du, was der/die Dozent*in von uns will?

Und? Hast du schon eine Idee für…?

Seit etwas mehr als vier Wochen habe ich nun Werkstatt gegen Hochschule und Ton gegen (warum muss das alles immer so kompliziert geschrieben sein, verflixt noch eins!) Fachliteratur getauscht. Und es ist… viel.

So viel, dass ich das Gefühl habe, nicht vier Wochen, sondern bereits vier Monate zu studieren. So viel so Neues, dass in meinem Kopf kein Platz mehr ist für alten Kram, oder so etwas Unnützes wie Sentimentalität.

Ehrlich, ich habe mich im letzten Monat genau einmal dabei ertappt, wehmütig zu sein. Für etwa eine Minute beim Schauen eines Töpfervideos. Und selbst heute, als ich zur Eröffnung des neuen Keramikateliers in meinen ehemaligen Werkstatträumen (Ludwigstraße 9 in Kelheim. Geht da hin und schaut, was Andrea Fahrenberger so töpfert) eingeladen war: Kein Vermissen, keine Traurigkeit – keine Kapazität dafür.

Nur eins fehlt mir wirklich: Meine Kreativität.

Der ist es zu laut geworden in meinem Kopf. Die neuen Eindrücke haben sie verdrängt, die neuen Aufgaben haben in meinem Gehirn ihre Büros eingerichtet und ihre Spielecke abgeschafft. Sie ist verschwunden.

Habe ich Ideen für Theaterstücke? – Wenn ich ehrlich bin: Nein.

Habe ich Lust ein bisschen Improtheater zu machen? – Wenn ich ehrlich bin: Nein.

Könnte ich eine neues Kunstprojekt aus dem Ärmel schütteln? – Wenn ich ehrlich bin: Nein.

Hoffe ich, dass meine Kreativität bald wiederkommt und ihre Spielecke zurückfordert?

Hier möchte ich einen Strich bei einer anderen Antwort machen und sagen:

Zur Hölle, JA!

Und bis es soweit ist, findet ihr mich mit meiner Nase in Büchern mit so wohlkingenden Titeln wie: „Klimakrise, sozialökologischer Kollaps und Klimagerechtigkeit“ oder „Dem ANDEREN helfen, Reflexionen zu einer Sozialphilosophie für helfende Berufe“

Komm wieder, Kreativität! Schnell! Bitte! Ich sag nicht nein!

Die Langversion

„Waaaas? Du hörst auf? Aber warum?“

Wenn wir ehrlich sind, wisst ihr, warum. Oder zumindest denkt ihr in eine richtige Richtung. Und doch auch wieder nicht. Ich habe in den vergangenen Tagen so oft auf diese Fragen geantwortet und meistens ist nicht viel Klarheit dabei rumgekommen. Schlimmer noch, ich hab mich sogar selbst verwirrt und meine Entscheidung in Frage gestellt: Kann ich nicht doch noch..? Sollte ich vielleicht..? Wenn ich nur..?

Die Antwort ist nein, denn ich höre auf weil…

…ich in einer Sackgasse bin.

Keramikerin ist ein unglaublich toller Beruf. Ich mag ihn sehr. Ehrlich. Aber um ihn ausüben zu können, ohne ständig in Existenznöten zu sein, habe ich noch zwei andere Jobs. Und die klauen mir die Zeit für meine Keramik. Und die Keramik klaut mir meine Zeit für’s Kreative (also Schreiben, Theater und Gedöns). Unterm Strich bleibt ehrlich was übrig – aber nicht annähernd so viel, dass es den Aufwand rechtfertigen würde, den ich betreibe, um in meiner Werkstatt an immer weniger Tagen meinem Kunsthandwerk nachgehen zu können. Also ja, ihr liegt irgendwie richtig – es rechnet sich nicht. Nicht für mich.

Nun gäbe es Auswege. Eine Ateliergemeinschaft gründen, jemanden in die Werkstatt holen, mehr Kurse machen, mehr, viel mehr Märkte. Noch mehr Zeit investieren, meine Tage noch mehr aufsplitten und jetzt auch die Sonntage arbeiten, denn die Keramikerin kennt im Sommer nur den Marktsonntag. Doch dafür fehlt mir etwas Grundlegendes: Die Leidenschaft.

Meine Leidenschaft galt schon immer dem Theater, nicht der Keramik. Und bevor mein verkorkstes, unrentables, zersplittetes Arbeitsleben meine Leidenschaft und meine Kreativität unter sich begräbt, begrabe ich lieber die Keramik. Das ist hart. Sehr hart. Und je näher das Ende rückt, desto schlimmer wird’s.

Nein, ich weiß nicht, wo ich hingehen werde, wenn ich demnächst dringend Kühle und Ruhe brauche. Nein, ich weiß nicht, wie ich künftig meine Hände beruhigen soll, wenn sie etwas formen wollen. Ich weiß nicht, wie es sein wird, wenn ich kein Teil der Kelheimer Altstadt mehr bin. Ich weiß nicht, ob ich keine Keramikerin mehr sein kann.

Aber es wird so sein. Es wird etwas Neues kommen. Und ich hoffe sehr, es ist den Schmerz wert.

Zeit für den zweiten Flügel

In meiner Werkstatt hängt ein Selbstbildnis von mir. Darauf ist folgendes zu sehen: Rund um meine sehr schlecht fotografierte, viel zu dunkle Gesichtsfläche kleben Schnittmuster als Haare und Pulli (mit einem Ärmel). Dazu habe ich gezeichnet: Zwei Beine, einen Arm, Tassen, Töpfe, Vasen, einen Mann auf meiner Schulter, einen Flügel, eine Flosse, einen Löwenschwanz und Schuppen. Ideen tropfen mir aus dem Ärmel und fliegen aus der rauchenden, knarzenden Fabrik in meinem Kopf. Auf meinem Arm steht: „Das ist ein Kostüm“.

Genau so würde ich mich heute wahrscheinlich nicht mehr darstellen. Aber ähnlich. Als eine Person, die versucht, vieles zusammenzubringen. Schreiben, Theater, Kunst, Keramik. Als eine Person, die alles gleichzeitig haben will.

Obwohl ich schon lange weiß, dass das nicht geht. Diesen Anspruch kann ich nicht erfüllen. Ich scheitere. Wieder und wieder im Versuch, alles zu machen und vielleicht noch ein wenig mehr.

Aber mit einem Flügel kann ich nicht fliegen, mit einer Flosse nicht schwimmen, mit einer Hand nicht töpfern. Meine Ideen verflüchtigen sich oder versickern.

Die Erkenntnis ist bitter: So geht es nicht mehr weiter. Ich muss etwas sein lassen.

Und es wird die Keramik sein. Meine Werkstatt, mein Laden. Zum 1. Oktober bin ich raus.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Und dann? Dann werde ich endlich meinen Sch… gebacken kriegen und mich auf etwas anderes konzentrieren. Vielleicht wächst mir ein zweiter Flügel. Oder eine zweite Flosse. Vielleicht scheitere ich auch wieder. Ihr kennt mich: Ich werde berichten.

Und nun! WICHTIG! WICHTIG! WICHTIG!

Für meine Werkstatt – perfekte Räume, perfekter Laden, perfekte Miete, perfekte Vermieterin – suche ich eine*n Nachmieter*in. Oder zwei, oder mehrere. Keramiker*innen vor! Kreative vor! Eine Ateliergemeinschaft wäre sehr gut möglich. Also: Wenn ihr jemanden kennt, oder jemanden kennt der jemanden kennt… schreibt mir!

und dann noch…

Die Leute sagen mir, Selbstgespräche zu führen sei ganz normal. Das mache jeder. Hm ja, ich weiß nicht recht.

Ist es normal, wenn man – statt im stillen Kämmerlein vor sich hin zu murmeln – laut vor sich hinredet, während man auf dem Fahrrad sitzt und durch die Stadt fährt? Das zum Beispiel mache ich ständig. Es gipfelt durchaus auch mal in einem „du MUSST aufhören, laut Selbstgespräche zu führen“ – also als lautes Selbstgespräch.

„Selbstgespräche fördern die Strukturierung unserer Gedanken und helfen uns dabei Stress abzubauen. Wenn wir also einen Monolog führen, hilft uns das gesprochene Wort dabei, einen Gedanken zu verfestigen. Selbstgespräche sollen uns helfen, uns besser zu strukturieren, Gedanken zu ordnen, Erlebnisse zu verarbeiten und eventuell auch unsere Gefühle besser zu verstehen“, schreibt der Bayrische Rundfunk nach einem Gespräch mit der Psychologin Julia Hüwel.

Also wie ein Tagebucheintrag, nur in schnell und laut. Wie ein Blogbeitr… ah ja, lassen wir das.

Ich sortiere also meine Gedanken. Ja, das ist richtig. Ich strukturiere meinen Alltag mit Selbstgesprächen. Und da gibt es eine Menge zur Zeit:

  • Ich habe eine neue Arbeit, mit völlig neuen Herausforderungen und völlig neuen Arbeitszeiten, die beide komplett konträr zu dem laufen, was ich gewohnt bin. (Aber ich mag’s wirklich bei euch, liebes Team von Kai e.V.) „Mittagessen vorkochen“, notiere ich laut.
  • Ich spiele wieder Theater! Halleluja! HALLELUJA, ENDLICH! Das Stück ist Gerhart Hauptmanns „der Biberpelz“ und ihr kommt hoffentlich alle! (hier gleich Karten reservieren)

Nichts desto trotz ist es natürlich für mich als Regisseurin ein Berg an Vorbereitungen, den ich so jetzt länger nicht mehr hatte. „Rucksack, Schlüssel, Orange“, sortiere ich brabbelnd die Requisiten.

  • Apropos „Berg an Vorbereitungen“ und apropos „kommt alle“: In Kelheim startet der Verein Kaffee Kreativ heute mit der „Spinnerei„, einer offenen Bühne mitsamt Netzwerktreffen. „Teppiche im Kofferaum“, murmle ich. Denn da bin ich natürlich organisatorisch mit von der Partie.

Und dann ist da noch die Frage, was ich mit meiner Zukunft mache, da sind Freunde, Familie und Ladengeschäft um die sich gekümmert werden will. Kurz und gut, ich habe viel zu bereden – mit mir. Solltet ihr mich also mal beobachten, wie ich energisch Selbstgespräche führe: Das ist in solchen Zeiten ganz normal – hoffe ich.

Oder ihr steigt ein ins Gepräch und wir machen daraus… ein Gedicht. Oh… warte mal…

„Muss Gedichtidee aufschreiben. Zettel… wo ist…“

…für den Kram

Ich habe einen schmerzenden blauen Fleck. An meiner Wirbelsäule. Genau da ganz oben an dem Wirbel der so raussteht, weil wir immer in dieser Fehlhaltung sind, vor dem Rechner und dem Handy. Der Wirbel, der so raussteht, wenn wir mit unserem Kopf schildkrötenartig in irgendeinen Bildschirm kriechen.

Ich könnte mir jetzt eine Erklärung einfallen lassen, wie „ich hatte bei der Hausarbeit einen Unfall“ oder „ich habe mich in der Arbeit an meinem Brennofen gestoßen“, aber nein, ich will ehrlich sein: Ich habe einen Purzelbaum gemacht. Auf Linoleumboden, Ohne Matte. Weil ich fit und jung und furchtlos wirken wollte. Das laute Krachen und die erschrockenen schnappenden Atmer der Umstehenden haben mir schon gesagt, dass das ein Fehler war – noch bevor der Schmerz einsetzte.

Ich ärgere mich. Ich war dumm. Das war unnötig. Ich hätte einfach sagen sollen: „Leute, ich bin wirklich zu alt für diesen Sch… Kram“ (sie sagte Kram, Kinder). Aber ich wollte nicht alt sein. Und ja, alles an diesem Text schreit: „Seht her! Ich bin in der Midlife-Crisis!“ Bin ich auch. Muss ich das vertuschen? Mir irgendwie schönreden? Und geht es dann vorbei?

Wisst ihr, was ich gemacht habe, bevor ich diesen Text geschrieben habe? Ich habe nach Studiengängen gesucht, für die ich mich einschreiben könnte. Ich habe mit schmerzendem Nacken und schildkrötenartig vorgerecktem Kopf nach „Zulassungsvoraussetzungen“ gesucht und mich gefragt, in welchem dieser vergessenen Papierstapel in unserem Büro mein Abiturzeugnis vergraben liegt. Das ist doch erbärmlich! Bin ich nicht schon zu alt für einen Bachelorstudiengang Soziale Arbeit (mit Schwerpunkt auf Musik und Bewegung)?

Bin ich nicht schon zu alt, alles, was ich mir aufgebaut habe, hinzuschmeißen? 10 Jahre Wolperdinge-Keramik in meiner kleinen Kleinstadt Kelheim. Jubiläum! Oder Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe? Ausverkauf wegen Midlife-Crisis? Last Order. Sonderrabatt.

Und wer mich kennt, der weiß, dass ich schon allen, die es wissen und nicht wissen wollten von meinen Überlegungen erzählt habe. Euch jetzt also auch. Im Worldwideweb. Es gehr also raus in die große Welt (jaja, in meinen Träumen). Und die Reaktionen bisher waren ebenso geradlinig, wie die (wahrscheinlich) hormonellen Schwankungen, die sich mein Körper so einfallen lässt. Von „super, mach das“ über „echt jetzt?“ bis hin zu Lachanfällen war schon alles dabei. Und immer, wirklich immer ein Schulterzucken und ein „mei, das musst du selber wissen“. Und ich weiß es. Ich weiß, dass ich es selber wissen muss. Und selber entscheiden muss. Ich bin ja schon groß.

An dem letzten gemeinsamen Weihnachten, das ich mit meiner Schwester verbringen durfte, schenkte sie mir ein Zitat auf einer Karte. Die Karte liegt wahrschienlich mit dem Abiturzeugnis in einem dieser Papierstapel, aber ich habe mir den Spruch gemerkt. Das Zitat ist von Bettina von Arnim und beginnt mit „Finde dich“. Und dann weiter:

Für mich hat das immer bedeutet: Mach, was dein Herz dir sagt. Geh dahin, wo du glücklich bist.

Und mein Herz so: Keine Ahnung!

Und mein Kopf so: Ich weiß es doch auch nicht, Mensch!

Und dann: Purzelbaum.

Au. Aua!

Ich bin zu alt für diesen Sch… Kram (sie sagte Kram, Kinder). Oder doch nicht?

Das weihnachtliche Stiefkind

Von all den Türchen im Adventskalender, hat es das 24. am schwersten. Das Warten ist vorbei, die Bescherung folgt, insofern ist nichts unwichtiger, als der Inhalt des letzten Türchens.

Bei uns zu Hause liegt der Inhalt noch tagelang rum, bevor einer sagt: „Wem gehört das? Räumt das mal weg!“, gefolgt von einem „Meins ist das aber nicht!“ und einem „Wahrscheinlich noch vom Adventskalender“.

Trotzdem bemühen wir uns jedes Jahr, den 24. mit etwas Besonderem zu füllen. Extratolle Schokolade, ein salbungsvoller Spruch, goldener Glitzer und Heiligkeit. Das geht mir bei meinem Wolperdinge-Adventskalender ganz genauso. Besonders soll es sein, zum Abschluss. Und eine Zusammenfassung irgendwie. Und ein weihnachtlicher Gruß natürlich.

Und doch wird der Inhalt des letzten Wolperdinge-Türchens untergehen, in den zahllosen Grüßen und Wünschen, in der Hektik und dem Gedudel, in den Vorbereitungen und den Feiern.

Das ist auch ganz in Ordnung so.

Ihr habt Wichtigeres zu tun, als euch von einem „Stille Nacht“ zum zeichnen oder dichten inspirieren zu lassen und das zu posten. Das meine ich ganz ohne Bitterkeit.

Lasst euch von „Stille Nacht“ zur Stille inspirieren. Zum Innehalten. An Weihnachten ist das schon schwer genug. Aber ich bin zuversichtlich, dass es euch gelingt. Und ich wünsche es euch sehr. Ob ihr nun glaubt, oder was ihr glaubt – mein Wunsch an euch ist wie immer. Wie immer für alle:

Let love rule.

Gesegnete Weihnachten!

Lukas LK21, 20-28

Über die Endzeit.

Ich habe diese Bibelstelle mal an einem ersten Advent oder so gehört – und mir nur die letzte Zeile behalten. Das mit der Wolke war mir zu g’spinnert, ehrlich gesagt.

Sich aufrichten, Haltung annehmen – daran bin ich hängengeblieben. Und es war für mich seitdem immer eine Erinnerung an die Person, die ich sein will. Eine Person mit Haltung. Aufrecht und deutlich. Und ich denke, für meine Verhältnisse bekomme ich das ganz gut hin.

Für meine Verhältnisse: Ein privilegiertes Leben in einem reichen, demokratischen Land. Aber wie aufrecht bin ich noch, wenn die Endzeit wirklich kommt? Kann ich dann noch Haltung haben?

Ich sehe die Bilder und Nachrichten von Menschen im Iran, die Haltung annehmen, sich aufrichten, für sich und andere einstehen – und dafür mit ihrem Leben bezahlen. Da ist so viel Mut, den ich nie hätte.

Ich sehe die Bilder und Nachrichten von Menschen aus der Ukraine, die mit der Waffe in der Hand für ihre Souveränität kämpfen. Nicht, dass ich ein Fan von Waffen oder Kampf bin – aber das kann ich nur fassungslos respektieren.

Für diese Menschen (und so viele andere auf der Welt) hat die Endzeit schon begonnen. Das Meer tobt und donnert bereits. Und sie richten sich auf.

Und da sind dann noch die Unglücklichen, die Traurigen. Die gebückt gehen, weil so viel auf ihren Schultern lastet.

Für mich ist es einfach, mich aufzurichten – ohne das alles. Und dafür bin ich dankbar.

Und jetzt wäre jede Überleitung zu meinem kleinen Adventskalender-Wochenrückblick schief. Aber auch hierfür bin ich dankbar (ja, die Überleitung knirscht – egal.)

12 Ganz weiß und ganz pelzig

13 Erd, schlag aus!

14 aufs glitzerblanke Eis

15 dein Kleid will mich was lehren

16 der Atem raucht

17 da bleibt ein goldener Schein zurück

18 richte dich auf

Friedlichen, guten, aufrechten 4.Advent euch!